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Literatur im November

Bericht und Bilder

Wie es ist, den Teufel zum Vater zu haben oder Wer oder was ist eigentlich „Ich“

 

23. Literatur im November

 

Bei der alljährlich am Totensonntag stattfindenden Autorenlesung „Literatur im November“ an der Richard-Müller-Schule stellten sechs Autorinnen und Autoren sich und ihre Texte vor.

 

Etwas vorgelesen zu bekommen ist schön und wertvoll. Wenn der Autor selbst vorliest, dann wird es ein Erlebnis der besonderen Art. Denn niemand kennt „seine“ Figuren, seine fiktiven Welten (oder auch die Hölle!), seine Texte besser als der Erfinder derselben. Dies konnten viele große und kleine Zuhörerinnen und Zuhörer bei der Veranstaltung „Literatur im November“ erfahren, die am vergangenen Sonntag zahlreich in die stilvoll gestaltete und dekorierte Mensa der Schule kamen. Nach Grußworten der Direktorin Claudia Hümmler-Hille, die in Kooperation mit dem Friedrich Bödecker-Kreis seit nunmehr 23 Jahren die Veranstaltungsreihe organisiert, sprach Dr. Michael Imhof (Verein Zukunft Bildung Region Fulda e.V.) über den Wert des Lesens und Vorgelesen-Bekommens für die sprachliche und emotionale Entwicklung von Kindern. Er betonte seine Freude über die Kontinuität der Veranstaltung und über das große Interesse. Frau Eva-Maria Scholl-Utz (Stadträtin der Stadt Fulda) begrüßte alle Lesefans im Namen des Bürgermeisters Dag Wehner. Als erster durfte Autor Thomas Hauck aus seinem Werk vortragen. Temporeich und einfühlsam machte er „seine Leonie“, die nicht ganz normal groß ist (aber was ist schon normal?) und auch nicht ganz normal sieht (aber was ist schon normal?) bekannt. Der gelesene Auszug verdeutlichte, mit welcher sprachlichen Sensibilität und Liebe zum sprachlichen Detail der Autor in seinem Roman „Leonie oder der Duft von Käse“ die Thematik „Behinderung und Ausgrenzung“ in die Lebenswelt der jungen Leserinnen und Leser holt.

Einen liebevoll-ironischen Blick auf die iranische Gastfreundschaft durften die Zuhörerinnen und Zuhörer mit der Autorin Iris Lemanczyk werfen. Bei der Beschreibung eines „kleinen Imbisses“ am See mit den verschiedensten Aufstrichen und Pasteten zu Fladenbrot, süßem Obst, Kuchen, Chips und anderen „Kleinigkeiten“ lief dem Publikum das Wasser im Munde zusammen. Das Gefühl, von einem solchen Festmahl ausreichend gesättigt zu sein, konnte so jeder nachempfinden. Das anschließend beschriebene Mittagessen im Kreise der Gastfamilie brachte die Autorin nur mühsam hinter sich, nicht wissend, dass die Familie niemals mehr essen würde als ihr Gast.

Auch Andreas Kirchgäßner, der seit vielen Jahren Gast bei „Literatur im November“ ist, berichtete aus dem Iran. Die Passage aus seinem Manuskript beschrieb, wie er „zum Freund gemacht wurde“. Unter seinen leise ironisch-witzigen Ton mischen sich auch Gedanken über die Vielschichtigkeit der iranischen Kultur, den Umgang mit Religiosität und über die Freiheit der Dichter.

Unverhofft heiter wurde es dann in der Hölle, in die der Autor Jochen Till und Schauspieler Christian mittels des Romans „Luzifer junior - Zu gut für die Hölle“ entführten. Über die nicht ganz alltäglichen Konflikte zwischen Vater (der Teufel) und Sohn (Luzifer junior) konnte geschmunzelt werden. Dass Luzifer junior es wagt, Abteilung 25 (die Heavy Metall Fans) von ihrer Dauerbeschallung mit Volksmusik zumindest zeitweise zu erlösen, stößt bei seinem vordigitalen Vater auf völliges Unverständnis.

Seit vielen Jahren schreibt und dichtet Fredrick Vahle vor allem für Kinder. Seine klaren Worte in seinen Gedichten und Liedern bringen schon die Kleinsten zum Philosophieren über das Ich, über wahre Freundschaft oder über das Großwerden. „Wo fängt ICH an? Wo hört ICH auf? Ist ICH immer gleich, ob ich sitz oder lauf?“ fragt Vahle in seinem Gedicht und macht schlussendlich deutlich: „Du brauchst dein ICH nicht gesondert zu suchen. Das ist philosophischer Käsekuchen. (...) Dich kann´s auf der ganzen weiten Welt so, wie Du bist nur einmal geben.“ Dass er auch gut jodeln kann, bewies Vahle mit dem „Sommersonnenjodler“ das er auf einer speziellen Gitarre begleitete.

Der Thriller kam am Schluss und hielt den Spannungsbogen bis zum letzten Satz hoch: Antje Wagner las aus ihrem „Schattengesicht“ und stellte die Zuhörerinnen und Zuhörer an die Seite ihrer Protagonistin Mila, die in den Untiefen eines schaurigen Weihers die Reste eines toten Mädchens vermutet. Gespannt verfolgte das Publikum die scheinbar unbekümmerte Wirtstochter durch das Dorf in der Provinz.

Die Lehrerband mit Unterstützung der Sängerin Lilly Schumacher begeisterte mit ihren sorgfältig auf die Themen der Lesungen abgestimmten Songs.

Die Autoren werden in der nächsten Zeit ihre Lesungen an verschiedenen Schulen im Landkreis wiederholen und den Schülerinnen und Schülern Rede und Antwort stehen, wenn es darum geht, wie man zu seinen Geschichten kommt, was ein Autor verdient, wie man merkt, dass man gut schreiben kann und welche Tipps die Profis für das Schreiben haben.

 

Text: Johanna Frank (RiMS)

Fotos: Ines Schumacher, Claudia Presslie (RiMS)