„Blut muss fließen – Undercover unter Nazis“
„Blut muss fließen knüppelhageldick – undercover unter Nazis“
ein Film von Peter Ohlendorf in der Richard-Müller-Schule Fulda
Die Bilder sind zum Teil verwackelt, da mit Knopflochkamera aufgenommen, und doch entsteht ein klares Bild der Szene: mit Hitlergruß, Nazisymbolen auf Körper und Kleidung und nicht zuletzt in Liedtexten offen zur Schau getragener Hass. Hass auf Juden, Migrant*innen, People of Colour, Homosexuelle, auf die Demokratie. Lieder, die beleidigen, die offen zur Gewalt gegen, genauer oft genug zur Tötung von Migranten und Andersdenkenden auffordern.
Der Journalist Thomas Kuban hat mit versteckter Kamera neun Jahre in der rechten Szene, vor allem auf Rechtsrock-Konzerten recherchiert und zusammen mit Filmemacher Peter Ohlendorf einen Film produziert, der Einblick in die Vorgänge auf Neonazitreffen bietet und zeigt, wie Konzerte, aber auch die Verbreitung von Rechtsrock in Internet oder auf Tonträgern als Einstieg in die Szene fungiert, zum Lifestyle von Jugendlichen wird und ein Einfallstor darstellt für rechtsradikales Gedankengut.
Ausgehend von der Frage, warum es nach der Erfahrung von Nationalsozialismus und Weltkrieg in Deutschland überhaupt wieder Faschismus geben kann, betrachtet der Film auch die Reaktionen der Polizei, der Politik und der Öffentlichkeit sowohl auf die Konzerte als auch auf die Recherche Kobans. Dabei gibt der Film differenzierte Antworten. Er beklagt auf der einen Seite den einseitigen langjährigen Focus auf linken und vor allem derzeit auf islamistischen Terror in der Wahrnehmung offizieller Stellen – auch, dass vielen in Politik und Presse die vehemente Konfrontation mit dem Problem des Rechtsextremismus wie durch Thomas Kaban unbequem ist. Der Film zeigt andererseits aber auch die Wirksamkeit konsequenten Vorgehens der Polizei, etwa in Berlin, aber auch klarer Kante von Bürgern wie der Kirtorfer Initiative „Kirtorf ist bunt“, die zusammen mit veröffentlichten Recherchen von Koban zu einem Verbot der in diesem oberhessischen Städtchen lange Jahre stattfindenden Rechtsrock-Konzerte geführt hat.
Dieser Film war nun am 30.05.und 01.06.2022 in der Richard-Müller-Schule in Kooperation mit dem Verein SmoG e.V. zu sehen – mit anschließender Diskussion, in der sich Peter Ohlendorf sowie Erwin Maisch, der erste Vorsitzende von SmoG, Gerd Ochs von Ikarus, einer Initiative der Polizei für Aussteiger aus der Szene, und Stefan Diegelmann, Wissenschaftlicher Mitarbeiter des Polizeipräsidiums Osthessen, den Fragen der Anwesenden stellen. Dabei wird klar, auch wenn der Film 2012 fertig gestellt worden ist, von seiner Brisanz hat er nichts eingebüßt, wie sowohl die Berichte der anwesenden Polizisten als auch die in der Diskussion geäußerten Erfahrungen der Schüler*innen zeigen. Nicht nur im Film wird die Wichtigkeit von Prävention betont. Denn, so Gerd Ochs, Radikalisierung vollziehe sich über einen Zeitraum und könne durch Intervention unterbrochen werden. Wichtig sei aber auch eine klare Haltung der Mehrheitsgesellschaft. Übereinstimmend machen die vier auf dem Podium darauf aufmerksam, dass Extremismus profitiere, wenn Menschen wegschauen. Genau hinschauen konnten die Besucher*innen dieser Veranstaltung, ermöglicht von einem mutigen Film.
Das Projekt wurde gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Projekt Demokratie leben.