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Podiumsgespräch: Geldanleger in der Verantwortung für die Zukunft

Podiumsgespräch zum Thema:

Geldanleger in der Verantwortung für die Zukunft: Was kann ich bei der Kapitalanlage beachten?

Einen ganz besonderen Höhepunkt im Rahmen des von der Herbert Quandt-Stiftung ausgelobtem Wettbewerbs „Trialog der Kulturen - Mensch - Kreatur - Natur" erlebte die Schulgemeinde der Richard-Müller-Schule mit ihren Gästen aus Wirtschaft und kirchlichem Bildungswesen bei der Podiumsdiskussion zu den Themenkreisen Kapitalanlagen und Nachhaltigkeit. Fragen wie: „Kann man mit Geldanlagen die Welt verändern? Was kann der Mensch, unter diesem Blickwinkel, zur Erhaltung der Schöpfung beitragen? Klassische Zinspolitik und Moral - ein Gegensatz?" sollten an diesem Abend zur Sprache kommen. 

Oberstudiendirektorin Claudia Hümmler-Hille, Schulleiterin der Richard-Müller-Schule, hieß alle Anwesenden willkommen und stellte die Diskutanten auf dem hochkarätig besetztem Podium vor: Prof. Dr. Rupert Maria Scheule, Inhaber des Lehrstuhls für Moraltheologie und Christliche Sozialwissenschaft an der Theologischen Hochschule Fulda, Taoufik Bouhmidi, Managing Director der FMF GmbH, Frankfurt am Main und Dr. Joachim Hein, genossenschaftlicher Asset Manager der Union Investment mit Nachhaltigkeitsanspruch im Fondsgeschäft. Anschließend schlüpfte sie in die Rolle der Moderatorin und leitete mit fach- und sachkundigen Anmerkungen und Zwischenfragen die Podiumsdiskussion. 

Zusammenfassend lassen sich die Positionen der drei Podiumsteilnehmer wie folgt skizzieren: Prof. Scheule mahnte das Maßhalten des vom „Sehnen nach mehr" getriebenen Menschen an, bezogen sowohl auf die Banker als auch auf die Kunden. Konkret stellte er die Frage nach der moralischen Integrität der Fondmanager. Wir sollten unseren Wohlstand - und dazu gehörten auch unsere Naturressourcen - nicht am Wachstum des Bruttoinlandsproduktes festmachen, sondern an anderen Parametern, z. B. einer intakten Umwelt und an der Lebensqualität. 

Dr. Hein verwies auf die Verantwortung des einzelnen Kapitalanlegers: Ihm obliege es, sich über nachhaltige Finanzprodukte „am Schalter" informieren zu lassen. Da erfahre er, ob mit seinem Geld menschenunwürdige Produktionsbedingungen z. B. in Bangladesh unterstützte oder Projekte, die die Abholzung des Regenwaldes nach sich zögen, finanziert würden. Zurzeit seien noch viel zu wenige nachhaltige Geldanlagen nachgefragt. Der Anleger entscheide, ob er nur auf Rendite oder auf Kapitalanlagen, die die ESG-Kriterien (Environmental, Social, Governance), sogenanntes ethisches Investment erfüllen, Wert lege. Diese Form des Investment lege Wert darauf, dass die mit dem Geld getätigten Investitionen umweltverträglich (enviromental) seien, dass z. B. im Unternehmen beschäftigte Arbeitnehmer nach gerechten sozialen Standards (social) behandelt würden und ob die Firma (hier respektive die Geschäftsleitung (good governance) klug, um- und weitsichtig geführt werde. 

Prof. Scheule sah dieses Statement kritisch und problematisierte die Glaubwürdigkeits - Performance der Investmentpolitik. Nach der christlichen Auffassung solle die primäre Erwerbsquelle die Arbeit des Menschen sein, nicht Geld solle Geld generieren. 

Herr Bouhmidi stellte die Haltung des „Islamic Finance" mit dem Zinsverbot dar: Hier werde zunächst von einer anderen Definition von Besitz bzw. Eigentum ausgegangen. Aus der islamischen Perspektive ist man der „Besitzer" einer Sache, aber nicht der „Eigentümer", da die Dinge nur für eine gewisse Zeit gegeben seien. Nehme ein Kunde einen Kredit z. B. für eine Immobilie bei einer islamischen Bank auf, so werden Kunde und Bank beide Anteilseigner als ebenbürtige Partner, die Rechte und Pflichten teilen. Der Kunde kaufe dem anderen Anteilseigner nach und nach dessen Anteile ab. Mit dem Zinsverbot sei z. B. nicht das Erheben von Mietzins gemeint, sondern, wie in der christlichen Lehre, der Geldgewinn aus Geld. 

Systemimmanente Zwänge, die aus dem Streben nach größtmöglicher Rendite resultierten, wurden von allen drei Podiumsteilnehmern als gegen eine nachhaltige Finanzpolitik gerichtete Mechanismen beschrieben. Weitgehend einig waren sich die Diskutanten auch in der Forderung nach mehr Regelung des Marktes. Neben staatlichen Regulierungen sei eines der Instrumente die von der UN entwickelten Prinzipien für verantwortliches Investieren (Principles for Responsible Investment , das die ESG - Prinzipien bei der Entscheidung für ein Investment miteinbeziehe). Hier, aber auch in den alltäglichen Entscheidungen, die der Einzelne im Alltag trifft - z. B. als Konsument, als Arbeitgeber, Arbeitnehmer, als Verkehrsteilnehmer ..., sei er gefordert, sich im Sinne der Nachhaltigkeit zu entscheiden und Verantwortung für das Große und Ganze zu übernehmen. Auf jeden Einzelnen komme es an, so die versöhnliche Botschaft der Podiumsdiskussion, auch wenn die Gesetze des Systems und des Marktes das Ausgeliefertsein des Einzelnen suggerierten.

Ein Bericht von Doris Maul und Claudia Hümmler-Hille